Yoga und Klimawandel
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Yoga und Klimawandel

Yoga und Klimawandel

Als ich das letzte Mal nach einer Yoga Session auf der Weltklimakonferenz in Bonn nachhause fahre und hinter mir der weiße Pavillon, in dem ich während der letzten zwei Wochen Yoga unterrichtet habe, verschwindet, denke ich über die Frage nach, die hier unter den Konferenzteilnehmern immer wieder aufgekommen ist:


Inwieweit hat Yoga einen Einfluss auf den Klimawandel?


Vielleicht ist es gar nicht so leicht, das jemandem zu erklären, der nicht selbst einen yogischen Lebensstil praktiziert und dadurch den Zusammenhang bereits selbst erfahren hat. Und doch wird mir auf einmal klar, dass dieser Aha-Moment nicht nur auf einer Yogamatte erlebt werden kann. Wer sich mit Yoga auskennt weiß, dass es nicht nur darum geht, auf einem Bein oder auf dem Kopf zu stehen. Yogasanas sind nur ein Teil des großen Ganzen, der Verbindung zu sich selbst, der Einheit von Körper, Atem und Achtsamkeit.


Wir müssen den Blickwinkel erweitern und uns fragen: Ist Yoga die Antwort auf den Klimawandel? Meine Antwort darauf: Absolut!


Wie das genau aussehen soll, dafür gibt es viele Erklärungsansätze. Hier kommt meiner:


Wir haben lange genug darauf gewartet, dass Regierungen, Umweltschützer und andere Entscheidungsträger das Problem für uns lösen. Es ist jetzt an der Zeit, dass wir selbst als Individuen ganz persönlich Verantwortung übernehmen. Wenn sieben Milliarden von uns heute entscheiden, den Klimawandel umzukehren und die Prinzipien des Yoga anzuwenden, ist diese Umkehr unumgänglich.


Für mich ist Yoga eine minimalistische Lebensweise im Einklang mit der Natur. Santosha, die zweite Niyama von Patanjalis achtgliedrigem Pfad des Yoga, bezieht sich auf absolute Zufriedenheit. Das bedeutet, dass das, was wir haben, uns völlig ausreicht. Es bedeutet, dass wir den Unterschied zwischen dem, was wir haben und dem, was wir wollen, verstehen.


Stellen wir und einmal eine Welt vor, in der sieben Milliarden Menschen sich heute für die Praxis des Santosha entscheiden und nur das konsumieren, was sie brauchen, anstatt auf Kosten unseres Planeten immer mehr zu wollen.


Das führt mich zu Ahimsa, der Gewaltlosigkeit. Yoga lehrt uns, Respekt vor allen Lebewesen und der Natur zu haben, Gewaltlosigkeit gegenüber uns selbst, den Tieren und der Erde zu leben. Der Verbrauch fossiler Energien ist nichts anderes als Gewalt gegenüber all diesem, der Menschheit, den Tieren und der Natur.


Ich verlange gar nicht, dass wir all unseren Luxus aufgeben sollen. Wir müssen lediglich achtsam mit unserem Konsum umgehen. So können wir beim Autofahren auf Car Sharing umsteigen, Fahrgemeinschaften bilden oder öfter das Fahrrad nehmen.


Diejenigen, die Ahimsa, das Prinzip der Gewaltlosigkeit befolgen, sind oft Vegetarier. Es würde aber auch reichen, wenn die Fleischesser unter uns ein oder zwei Mahlzeiten pro Woche durch vegetarisches Essen ersetzen würden. Wenn wir Fettleibigkeit als Gewalt gegen uns selbst betrachten, wäre das die gewaltfreie Lösung für uns selbst und die Tiere.


Viele meiner Schüler sagen, dass sie ihre Aufmerksamkeit durch Yoga gesteigert haben und auch ich habe diese Erfahrung gemacht. Die Verbindung mit sich selbst führt zu der Erkenntnis, dass Körper und Geist eigentlich ein Wunder sind. Unser Körper besteht aus einer Ansammlung von Trillionen Zellen und jede davon hat ihr eigenes Bewusstsein. Jede einzelne dieser Zellen arbeitet absolut präzise, ohne dass wir nur einen Finger krümmen müssen.


Wir erkennen, dass wir nicht Teil der Natur sind, sondern die Natur selbst. Yoga öffnet uns die Augen dafür, dass wir aus den fünf Elementen, den „Punch Mahabhuta“ bestehen, also Erde, Wasser, Feuer, Erde und Äther.


Die Erde zu retten bedeutet also, dass wir uns selbst retten. Hier und da die Plastiktüte weglassen, nach nachhaltigen Alternativen wie Glas, Holz und Metallbehältern schauen etc. Sieben Milliarden können Wunder bewirken, wenn sie ihre persönliche CO2-Bilanz  verringern.


Dazu kommt, dass verringerter Stress, verbesserter Fokus und gesteigerte Energie, die man durch ein paar Minuten Yoga und Achtsamkeit am Tag gewinnt, auch zu kreativen Lösungen führen. Es hilft, mehr nachhaltige Quellen zu finden und Kriege und Verschwendung ganz allgemein zu vermindern.


Wenn dann noch alle Entscheidungsträger ein bisschen Yoga praktizierten, wenn Yoga Teil unseres Bildungssystems würde, würden wir unweigerlich einen großen Schritt in Richtung Nachhaltigkeit gehen und die Welt in einem besseren Licht sehen können.


Und diejenigen von uns, die mit Yoga auf der Matte nicht so viel anfangen können, können immernoch Karmayoga praktizieren, das Yoga der selbstlosen Taten. Das können ganz einfache Dinge sein, z.B. uns nur so viel Essen auf den Teller zu tun, wie wir auch wirklich essen können, also Verschwendung in jeder möglichen Form zu vermeiden. Ob wir unsere Elektrogeräte vom Strom nehmen, Wasser sparen oder ein Shirt länger tragen, als wir es normalerweise tun würden, all das füllt nach und nach den Ozean der positiven Veränderung.

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